Weltkrebstag: Sport-/Bewegungstherapie als Bestandteil der modernen Krebsmedizin

H?rth-Efferen, 04.02.2021 – Bewegungsprogramme k?nnen die Nebenwirkungen einer Krebstherapie lindern und das Krebsrisiko senken. Daran erinnert der Deutsche Verband f?r Gesundheitssport und Sporttherapie (DVGS) anl?sslich des Weltkrebstags am 4.2.2021. Unter den medizinischen Supportivtherapien bei Krebs z?hlt die Sport-/Bewegungstherapie zu den am besten evaluierten Methoden, die auch in die medizinischen Leitlinien Eingang gefunden hat. Deshalb m?ssen entsprechende Bewegungsprogramme bundesweit f?r die Betroffenen angeboten und von den Krankenkassen finanziert werden, fordert der DVGS.

Heutzutage ist die Sport-/Bewegungstherapie aus der Onkologie nicht mehr wegzudenken. Doch das war nicht immer so. Lange Zeit war der Einsatz von k?rperlicher Aktivit?t als rehabilitative oder pr?ventive Ma?nahme bei Krebspatienten sehr umstritten. “Die meisten ?rzte und Fachkr?fte empfahlen ihren Krebspatientinnen und -patienten Schonung und Ruhe, nicht zuletzt, weil die wissenschaftliche Evidenz f?r eine andere Empfehlung nicht gegeben war. Zudem herrschte die Angst vor, die Bewegung k?nne eine Metastasierung beg?nstigen.”, erkl?rt Angelika Baldus, die Gesch?ftsf?hrerin des DVGS.

Anfang der Achtzigerjahre wurden jedoch erste Erfahrungen mit bewegungstherapeutischen Interventionen in der Nachsorge bei Krebspatienten gemacht. Die Deutsche Sporthochschule K?ln sowie unabh?ngig davon der Landessportbund Nordrhein-Westfalen etablierten 1980/81 die ersten Krebsnachsorge-Sportgruppen f?r Frauen nach Brustkrebs. Inzwischen gibt es bundesweit mehr als 1700 Krebssportgruppen und zahlreiche neue Initiativen, au?erdem hat die Sport-/Bewegungstherapie Eingang in die wissenschaftlichen onkologischen Leitlinien gefunden.

Wissenschaftliche Evidenz f?r die Wirksamkeit von Sport-/Bewegungstherapie in der Onkologie
“F?r diese Entwicklung war die steigende wissenschaftliche Evidenz ma?geblich”, erl?utert Privatdozent Dr. Freerk Baumann, der die AG Onkologische Bewegungsmedizin am Centrum f?r Integrierte Onkologie der Uniklinik K?ln leitet. “Die Wissenschaftler Kurt-Alphons Jochheim und Klaus Sch?le von der Deutschen Sporthochschule K?ln waren Pioniere und haben 1983 in einer Studie zur Bewegungstherapie bei Krebs erstmals gezeigt, dass Bewegung einen positiven Effekt auf die k?rperliche und psychische Konstitution in der Rehabilitation von Brustkrebs-Patientinnen hat. Seit Anfang der 1990er Jahre wurde die Forschung zur Bewegungstherapie in der Onkologie intensiviert. Inzwischen sind etwa 800 randomisierte, kontrollierte Studien publiziert, die die positive Wirkung der Sport-/Bewegungstherapie in der Onkologie belegen”, erg?nzt Baumann.

2019 hat ein internationales Konsortium unter Beteiligung des Nationalen Centrums f?r Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg und mit finanzieller Unterst?tzung des DVGS die F?lle dieser verf?gbaren Daten zur Wirksamkeit von Sport und Bewegung bei Krebs ausgewertet und Empfehlungen f?r ?rzte, Fachkr?fte und Betroffene ver?ffentlicht. “Die Studienlage ist eindeutig: Krebspatienten k?nnen vor, w?hrend und nach einer onkologischen Behandlung von einer gezielten Bewegungstherapie profitieren”, best?tigt Privatdozent Dr. Joachim Wiskemann, der die AG Onkologische Sport- und Bewegungstherapie am Nationalen Centrum f?r Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg leitet und an der Expertengruppe beteiligt war. “Die Auswertung der Studienlage hat unmissverst?ndlich gezeigt, dass ?berlebende einer Krebserkrankung von k?rperlichem Training profitieren und dieses vor allen Dingen auch sicher f?r die Patienten ist. Bewegung hat bei einer Vielzahl von krebsbezogenen Gesundheitsbeeintr?chtigungen wie Angstzust?nden, depressiven Symptomen, M?digkeit, k?rperlicher Leistungsf?higkeit, Lymph?demen und Lebensqualit?t einen positiven Einfluss”, so Wiskemann weiter.

Sport-/Bewegungstherapie hat Eingang in die Leitlinien gefunden
“Die rasant wachsende Evidenz der sport-/bewegungstherapeutischen Interventionen in der Onkologie hat sich auch in den wissenschaftlichen Leitlinien niedergeschlagen. So wurde zum Beispiel in der 2017 aktualisiert erschienenen S3-Leitlinie Mammakarzinom die Bedeutung von Sport-/Bewegungstherapie in der Behandlung der betroffenen Frauen hervorgehoben”, erkl?rt PD Dr. Freerk Baumann. Aktuell ist eine S3-Leitlinie zur “Bewegungstherapie bei onkologischen Erkrankungen” unter Mitarbeit des DVGS in Arbeit. “Die Leitlinien sind wichtige Meilensteine f?r die ?berf?hrung der wissenschaftlichen Erkenntnisse in die Praxis”, betont Baumann.

Bewegungsangebote f?r Krebspatientinnen und -patienten
“Trotzdem gibt es in Deutschland nach wie vor kein fl?chendeckendes Bewegungsangebot f?r Krebspatienten in der Nachsorge”, berichten sowohl Wiskemann als auch Baumann, die die neue Leitlinie gemeinsam koordinieren. Dabei sei es wichtig, dass Krebspatienten und ihre beratenden ?rzte und Fachkr?fte ein geeignetes wohnortnahes Bewegungsprogramm finden. “Deshalb hat das NCT Heidelberg das ‘Netzwerk OnkoAktiv’ in Zusammenarbeit mit dem DVGS initiiert”, berichtet Wiskemann. Es unterst?tzt Patienten bei der Suche nach einem wohnortnahen, zertifizierten sport- und bewegungstherapeutischen Angebot. “F?r die qualit?tsgesicherte Ausbildung der Sport-/Bewegungstherapeuten sorgt der DVGS mit einem gezielten Fortbildungsangebot”, erl?utert Angelika Baldus, Gesch?ftsf?hrerin des DVGS. “Dazu z?hlen unsere Lizenz- und Zertifikatskurse zum Thema Bewegung bei Krebs sowie die Fortbildungskurse “Onkologische Trainings- und Bewegungstherapie (OTT)” f?r fortgeschrittene Sport-/Bewegungstherapeuten, die durch die AG Baumann an der Uniklinik K?ln entwickelt wurden.”

Eine fl?chendeckende Versorgung f?r alle Patienten
“Noch sind wir weit davon entfernt, dass alle Betroffenen ein sport-/bewegungstherapeutisches Angebot erhalten. Aufgrund der hohen wissenschaftlichen Evidenz f?r den Nutzen der sport-/bewegungstherapeutischen Interventionen in der Onkologie ist das v?llig unverst?ndlich. Deshalb fordern wir, dass das fl?chendeckende Trainingsangebot f?r alle Krebspatienten in Deutschland schnell ausgebaut und auch von den Krankenkassen finanziert wird”, mahnt Baldus abschlie?end.

Keywords:Bewegung, Krebs, Sport-/Bewegungstherapie, DVGS

adresse