Der Markt bei der Vermietung von Gewerbeimmobilien steht unter Druck wie noch nie. Das Mietausfallwagnis ist dramatisch.
Das primäre Rückgrat der deutschen Volkswirtschaft sind ihre industriellen Cluster: die Automotive-Industrie, die Elektroindustrie und Chemieindustrie. Diese Branchen verlagern jetzt ihre Produktionsstätten zunehmend an Standorte, die bessere Rahmenbedingungen für ihre Produktion bieten. Von volkswirtschaftlicher Bedeutung an zweiter Stelle sind die so genannten „Hidden Champions“; doch viele von ihnen sitzen auf gepackten Koffern und bereiten sich vor, dem deutschen Produktionsstandort den Rücken zuzukehren.
Das bedeutet: Absehbar verliert Deutschland gut bezahlte Arbeitsplätze, was nicht mehr zu kompensieren ist. Damit einher geht ein signifikanter Verlust an Kaufkraft und Steuereinnahmen. Die Folgen der De-Industrialisierung werden jetzt so richtig offenbar.
Der wirtschaftliche „Dexit“ ist bereits eingetreten. Die Unternehmen stimmen mit den Füßen ab. Mehr als 20 Prozent der Unternehmen schließen oder sind dabei Deutschland zu verlassen.
NTV berichtet Ende Juli, dass die Bereitschaft neue Mitarbeiter einzustellen auf 95,4 Punkte gesunken sei. Die Kaufkraft schwindet dahin wie der Schnee in der Sonne.
Klares Indiz für die fatale Lage der Gewerbemieter ist ein kürzlich im Fokus Online erschienener Bericht über den Landkreis Böblingen. Laut Statista verfügte dieser Landkreis über eine hohe Kaufkraft und liegt damit an der Spitze der Region Stuttgart. Eine aktuelle Untersuchung der IHK-Bezirkskammer Böblingen beleuchtet die komplexe wirtschaftliche Lage im Kreis Böblingen. Viele stationäre Einzelhändler bangen um ihre Existenz. Die finanziellen Polster sind bei vielen Betrieben aufgebraucht, konstatiert Marion Oker, die Leitende Geschäftsführerin der IHK-Bezirkskammer Böblingen. Jede weitere Belastung stelle eine echte Gefährdung der Existenz für die Unternehmen dar“, warnt Oker.
Die Konsequenzen sind katastrophal: Immer mehr Geschäfte müssen schließen, was zu erhöhten Leerständen in den Innenstädten führt. „Es droht eine weitere Eskalation für die nähere und mittlere Zukunft, wenn sich die Lage nicht entscheidend bessert“, so Oker weiter.
Nicht viel besser sieht es im Büroimmobilienmarkt aus. Die renommierte Immobilienberatung Colliers berichtet im Fachmagazin für Risiko- und Kapitalmanagement AssCompact, dass der Büroleerstand in den Top 7 Städten voraussichtlich seinen Höhepunkt 2026 erreichen wird. Die Krise der deutschen Wirtschaft schlägt aber schon jetzt voll im Gewerbeimmobilienmarkt durch. Und es ist kein Licht am Ende des Tunnels zu sehen.
Die Vermietungsbranche ist kapitalintensiv. Mietausfälle lösen fatale Folgen aus. Dennoch zögern viele, insbesondere kleine und mittelständische Vermieter, immer noch, auf der strikten Einhaltung der vereinbarten Zahlungsziele zu bestehen. In Verdrängung des unangenehmen Themas blenden viele die Existenzbedrohung wider besseres Wissens aus, obwohl man insgeheim zumindest ahnt, dass Zahlungsverzögerungen und erst recht Zahlungsausfälle schnell zum finanziellen Ruin des eignen Unternehmens führen können.
In der Vermietungsbranche wird normalerweise eine Umsatzrendite zwischen 4 bis 6 % erzielt. Die Umsatzrendite von 4 % bedeutet, dass bei jedem Mietverhältnis 4 % des Umsatzes als Gewinn übrigbleiben. Der Verlust durch einen Zahlungsausfall von 100 % aber bedeutet auch, dass sich gleichzeitig, zulasten des Scorings das Eigenkapital des Unternehmens um 96 % des Forderungsbetrags reduziert. Dieses einfache Rechenbeispiel belegt, wie viele gleichartige Mietvertragsverhältnisse der Gewerbevermieter bei einer Umsatzrendite von 4 % abschließen müsste, um einen Zahlungsausfall von 100 % zeitnah und vollständig zu kompensieren. Bei einer Umsatzrendite von 4 % sind dies 25 gleichartige Vermietungen. Auf den Punkt gebracht: Eine notleidende Vermietung braucht 25 gute Mietverträge, um diesen Ausfall vollständig auszugleichen. Das ist in der Immobilienwirtschaft unmöglich.
„Immobilienflaute bei den Gewerbeimmobilien“ lautet ein aktueller Beitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Wenn Vermieter sich aufgrund mangelnder Nachfrage zu unvorteilhaften Mietverträgen drängen lassen, dann kann ihnen das am Ende auf die Füße fallen.
Die Deutsche Pfandverwertung führt seit vielen Jahren für die gewerbliche Immobilienwirtschaft Pfandrechtsversteigerungen durch. Die Praxis beweist, dass sich für vertraglich gut abgesicherte Vermieter der Mietausfall und ein eventuell anstehender Insolvenzschaden begrenzen lässt.
Das Vermieterpfandrecht ist ein sogenanntes besitzloses Pfandrecht. Der Vermieter hat eigentlich erst Zugriff auf das Pfand, wenn er nach einem Klageverfahren durch den Gerichtsvollzieher wieder in den Besitz seines Immobilieneigentums eingewiesen wurde. Diesen Nachteil fangen erfolgreiche Vermieter durch eine vorausschauende Gestaltung ihrer Gewerbemietverträge auf.
Der wichtigste Grundsatz für Gewerbevermieter lautet: schnell vor die Lage kommen. Es gilt, die Lage prospektiv zu erfassen, eine neue Einschätzung der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten vorzunehmen und diese so anzuwenden, dass schon vor Eintritt des Schadensereignisses Resilienz vorhanden ist. Im Krisenfall kann mit einem vorbereiteten „Instrumentenkasten“ umgehend reagiert werden. Die mögliche tickende Zeitbombe („loose cannon“) muss unter Kontrolle gehalten werden. Es gilt, umgehend die ungewollt passive Rolle umzudrehen und sofort eine die Situation beherrschende aktive Rolle zu besetzen. Neben der Möglichkeit einer vertraglichen Absicherung durch vertraglich vereinbarte Pfandrechte steht der Immobilienwirtschaft, sofern strategisch richtig angewandt, hierfür die proaktive Nutzung des gesetzlichen Pfandrechts Paragraph 562 BGB Vermieterpfandrecht zur Verfügung. Das Vermieterpfandrecht tritt aufgrund gesetzlicher Regelung bei Fälligkeit in Kraft. Es bedarf zu seiner Anwendung keines langwierigen und teuren Mahn- und Gerichtsverfahrens mit anschliessender Vollstreckung. In der Regel ist das Vermieterpfandrecht in den Gewerbemietverträgen festgehalten. Bei gewerblichen Mietverträgen tritt die Verwertungsberechtigung gemäß HGB bereits nach einer Woche ein. Zum Eintritt der Rechtskraft muss nach Androhung lediglich die Frist von sieben Tagen gemäß HGB eingehalten werden. Bei Anwendung ist es wichtig, dass das sprichwörtliche Pferd nicht vom Schwanz her aufgezäumt wird. Das bedeutet, erst das Pfandrecht wahrnehmen, dann anwaltliche Schreiben und Klage veranlassen. Die strategisch richtige Reihenfolge der einzelnen Schritte ist die notwendige Voraussetzung, um das Ziel der größtmöglichen Forderungsrealisierung zu erreichen.
Falls der Verwertungserlös nach Verkauf der gepfändeten Gegenstände zur Deckung der offenen Forderungen nicht ganz ausreicht, so mindert sich zumindest der Streitwert bei der Beitreibung des Restbetrags. Ein weiterer Vorteil ist, dass blockierte Mietflächen kurzfristig wieder frei werden.
Mit folgenden Maßnahmen lässt sich die Reduzierung von Mietforderungen und die Beräumung von den in das Mietobjekt eingebrachten Gegenständen beschleunigen:
Bei der ersten Zahlungsfälligkeit immer an erster Stelle und sofort das Vermieterpfandrecht geltend machen. Kulanz bei Mietrückständen wird in den seltensten Fällen honoriert, wie die Erfahrung zeigt. Dadurch werden auch rechtliche Vorteile in einem möglicherweise anstehenden Insolvenzverfahren des Mieters geschaffen. Um rechtliche Nachteile von vorneherein auszuschließen, sollten allein schon aus Bestandsschutzgründen des eigenen Unternehmens bei Eintritt von Fälligkeiten immer sofort das Vermieterpfandrecht geltend gemacht werden. Mit freundlichen Worten kann die Notwendigkeit dieser Maßnahmen dem säumigen Mietschuldner erklärt werden. Die Geltendmachung des Vermieterpfandrechts und die Räumungsklage sind zwei unterschiedliche Rechtshandlungen, die nicht unbedingt zusammen durchgeführt werden müssen.
Das Vermieterpfandrecht bleibt auch nach einer Kündigung bestehen, wenn noch Beträge aus der Miete oder anderen Forderungen offen sind. Der Vermieter Gewerbeobjekts darf sein Vermieterpfandrecht nutzen, auch wenn der Mietvertrag bereits gekündigt wurde. Es kommt vor, dass Mieter die Geltendmachung des Pfandrechts des Vermieters durch Hinterlegung weiterer Sicherheitsleistung abwenden. Der Mieter kann jede einzelne Sache dadurch von dem Pfandrecht befreien, dass er in Höhe ihres Werts eine entsprechende Sicherheit leistet.
In allen zukünftigen Gewerbemietverträgen sollte festgehalten sein, dass der Mieter dazu verpflichtet ist, im Falle einer Pfandrechtsverwertung diese proaktiv zu unterstützen. Es sollte festgehalten werden, dass der Mieter bei überfälligen Mieten dem Vermieter sofort Zutritt zu den Mieträumlichkeiten gestattet und eine Dokumentation der von ihm in das Mietobjekt eingebrachten Gegenstände anzufertigen hat. Es könnte vereinbart werden, dass dazu geeignete, werthaltige Gegenstände bei einem auf seine Unabhängigkeit vereidigten Verwahrer zu hinterlegen sind. Dies kann zum Beispiel der öffentlich bestellte, vereidigte Versteigerer sein.
Weil den meisten Mietern der Straftatbestand der Pfandkehr nicht bekannt ist, sollte schon im Mietvertrag auf die Rechtsfolgen bei Verstoß hingewiesen werden.
Bei hohen Mieten sollte eine vertragliche Pfandrechtsvereinbarung durch – zumindest zeitweise -Verpfändung von Unternehmensanteilen des Gewerbemieters festgehalten werden. So bringt sich bei Zahlungsfälligkeit der Vermieter als nachrangig besicherter Gläubiger in eine erheblich stärkere Position. Aus dieser vorteilhafteren Ausgangsposition müssen dann weniger Kompromisse und Nachteile in Verhandlungen mit Mietschuldnern oder Insolvenzverwaltern akzeptiert werden. Bei drohendem Zahlungsausfall ist die professionell vorbereitete Verhandlungsposition ausschlaggebend für den Bestand des eigenen Unternehmens.
Schnelles Handeln ist auch deshalb zwingend erforderlich, weil die durch den Vermieter in Pfand genommenen Gegenstände, und das nicht nur bei verderblicher Ware, in der Regel laufend an Wert verlieren.
Der Supergau für Vermieter ist die Insolvenz des Mieters. Maßgeblich ist vielmehr der Zeitpunkt der Pfandrechtsentstehung. Mietrückstände bis zum Insolvenzantrag können nur noch als einfache Insolvenzforderungen geltend gemacht werden. In der Zeit zwischen Antragstellung und Eröffnung des Insolvenzverfahrens schuldet der Mieter weiterhin die Miete. Dennoch erfolgt regelmäßig keine Zahlung. Die Möglichkeiten einer Kündigung sind in diesem Stadium zwar gegeben, kann aber unter Umständen vom Insolvenzverwalter bestritten werden. Ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat der Vermieter zumeist wieder werthaltige Ansprüche. Denn nach Paragraph 55 Insolvenzordnung haftet dann die Insolvenzmasse, soweit ausreichend, für die Verbindlichkeiten vorrangig.
Wenn sich der Insolvenzverwalter im Besitz der in Pfand genommenen Gegenstände befindet, hat er das Verwertungsrecht. Er muss nicht höchstbietend, sondern kann freihändig an jedermann verkaufen. Insolvenzverwalter betreiben mitunter eigene Verwertungsunternehmen oder sind an solchen beteiligt. Auch bei diesen Unternehmen liegt das Geschäft im vorteilhaften Einkauf. Zuweilen orientiert sich die Verwertung auch in Hinsicht auf eine Restrukturierung und der attraktiven Weitergabe des insolventen Unternehmens an einen neuen Investor.
Schon von daher sollte der Vermieter bei offenen Forderungen frühzeitig das Pfandrecht geltend machen. So verbleiben dem Vermieter weiterhin seine Privilegien als Absonderungsberechtigter. Außerdem muss der Verwalter gemäß Paragraph 168 Insolvenzordnung den Vermieter informieren wann, wo und wie er zu verwerten beabsichtigt. Der Insolvenzverwalter hat dem Vermieter die Möglichkeit zu geben, dass dieser – also der Gläubiger – selbst auf eine günstigere Verwertungsmöglichkeit hinweist. Der Verwalter hat dann die vom Vermieter genannte Verwertungsmöglichkeit wahrzunehmen oder den Vermieter so zu stellen, wie wenn er sie wahrgenommen hätte. In Kooperation mit den öffentlich bestellten, vereidigten Versteigerern ist dies oft möglich. Wir verfügen über viele Kontakte zu Abnehmern von Waren aller Art. In der Praxis gibt der Insolvenzverwalter dann meistens die in Insolvenzbeschlag genommenen Gegenstände frei.
Nach einer Kündigung des Mietvertrags durch den Insolvenzverwalter gelten Besonderheiten hinsichtlich der Räumung von Gegenständen, die nicht mehr benötigt werden. Je nach Zeitpunkt der Kündigung durch den Insolvenzverwalter ist dieser berechtigt, die Gegenstände freizugeben, ohne dass er verpflichtet ist, die entsprechenden Kosten für die Räumung aus der Insolvenzmasse zu bezahlen. Forderungen des Vermieters aufgrund von Mietrückständen, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind, sind so genannnte Insolvenzforderungen gemäß Paragraph 38 Insolvenzordnung. Diese Forderungen sind somit quotale Forderungen. Rückständige Betriebskosten müssen auf den Zeitraum bis zu dem Tag, der der Insolvenzeröffnung vorausgeht, und für den Zeitraum ab Insolvenzeröffnung aufgeteilt werden. Auch die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandenen Betriebskosten können lediglich zur Insolvenztabelle angemeldet werden. Nach Insolvenzeröffnung ist unter der Voraussetzung, dass ausreichend Masse zur Verfügung steht, der Insolvenzverwalter verpflichtet, diese Betriebskosten zu bezahlen. Auch wenn der Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens verpflichtet ist, die Miete bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zu zahlen, kommt es nicht selten vor, dass hierzu eine ausreichende Insolvenzmasse nicht vorhanden ist.
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